Ein Sommermärchen
Von Ellen Scheel
Es geschah in diesem Sommer, ja, der eher ein Herbst war (... entweder regnete es morgens und abends schien die Sonne, oder anders herum), da besuchte die gute Kohlfee Lara aus Dithmarschen ihre liebe Freundin Edda an der Ostsee. Die beiden hatten sich sehr lange nicht gesehen, und so verbrachten sie die gemeinsame Zeit mit Erkundungsfahrten auf dem Wasser und zu Land.
Edda hatte vor ein paar Jahrhunderten die Aufgabe der Kornhexe in der Probstei übernommen. Seitdem hatte sich viel verändert. Die Tage an denen sie zerstörerisch trampelnde Kinder im Korn erschreckt und mit ihrer Muttermilch für ein Jahr schwarz gefärbt hatte, waren (dank intensiver therapeutischer Behandlung) längst vorbei. Urlaub war angesagt, und so zeigte Edda stolz die Sehenswürdigkeiten der Gegend. Die Einheimischen waren zuerst etwas still, aber dann nach einer kleinen Auftauphase für ein kleines Schwätzchen zu haben. Abends unterhielten sich beide bei einem Glas Prosecco über das Erlebte, und sie hatten natürlich viel Spaß dabei.
Edda wohnte bereits seit einer halben Ewigkeit auf einem sehr alten Bauernhof umgeben von alten Bäumen, bunten Wiesen und Feldern. Seit 17 Jahren war es in dieser schleswig-holsteinischen Region ein liebgewonnener Brauch, zu Beginn der Korntage Stroharragements aufzustellen. 20 Dörfer der Probstei beteilligten sich mit selbstgewählten Themen. Jedes Kunstwerk war ein Original und liebevoll mit kleinen Feinheiten verziert. Die Vorbereitungen für die Veranstaltung liefen meistens ab April des laufenden Jahres, und alle motivierten Beteiligten waren froh, wenn die Korntage die cirka vier Wochen dauerten, endlich begannen (23. Juli – 21. August 2016).
Es war der 23. Juli, Hauptferienzeit, und die Korntage wurden auf einem großen Bauernhof in Wisch mit einer schönen, feierlichen Veranstalltung eröffnet. Die neue Kornkönigin wurde gekrönt und verschiedene Majestäten wie die Krokus-, die Rosen-, die Heide-, die Pellkartoffel-, die Raps- und die Kohlkönigin, sowie der Heringskönig wohnten dieser Open-Air-Feier bei. Was aber niemand wusste, die Hoheiten brachten auch die dazugehörigen Zauberwesen als Gefolge mit. Diese behielten ihr Amt in der Regel nicht nur ein Jahr, sondern (wenn nichts wichtiges dazwischen kam, wie vielleicht die Liebe) für immer und ewig. Unsichtbar reisten sie in Koffern der Hoheiten mit.
An der Eröffnungsveranstalltung nahmen sie (als Touristen verkleidet) teil, und danach trafen sie sich (wie verabredet) mit Edda und Lara am Bratwurststand. Alle freuten sich auf einen schönen Nachmittag, die Probsteier waren liebenswerte Gastgeber. Als der Abend kam, wollten sie sich noch nicht trennen und so lud Edda ihre Freunde ein, und alle durften in ihrem schönen Bauerhof, solange sie wollten, als Gäste verweilen (all inclusive plus Animation). Super!
Am darauffolgenden Morgen wollte die achtköpfige Gruppe die Strohkunstwerke ansehen und der Reihe nach mit dem Fahrrad abfahren (für 50 km würden sie ungefähr drei Stunden brauchen) ... und los ging es ... Sie schauten sich den Trecker in Gödersdorf, die superschöne Raupe Nimmersatt in Höhnsdorf, das Löwenzahnarrangement in Krummbek, den Drachen Grisu in Bendfeld an. Riese Trolli der Baumschläfer wurde in Stakendorf bestaunt, Schönberg zeigte ein Kindervogelschießen, Wisch hatte die Störche der Bramburg, Krokau das ausgeschlafenen Dorf, Fiefbergen zeigte das wunderschöne Aquarium, Wendtorfs Idee waren Wickie und die starken Männer, in Stein spielte die Musik, und Laboe zeigte den historischen vor einhundert Jahren modern gewesenen Badewagen. Brodersdorf hatte seine Plattsnackers und Lutterbek Selfie und Delfie, Prasdorf veranschaulichte fünf Sprichwörter und Probsteierhagen zeigte Christoph Blohme auf dem Weg zur Fuchsjagd, Fahren zeigte Kornies Kinderstube und zuguterletzt trafen Selfie und Delfie Kornie und Kornelia am Passader See an.
Der Vormittag verging wie im Flug, und beim Abendessen (es gab selbstverständlich Korntagebrot) wollte die Rosenfee etwas von ihren Freunden wissen: “Wie wäre es denn, wenn die Strohpuppen zum Leben erwachen würden?“, Tja, das war eine gute Frage die keiner wirklich beantworten konnte. Wären diese Kunstwerke intelligent, oder eher strohdumm? Könnten sie reden, oder würden sie nur wie Zombies Grunzlaute von sich geben? Hätten sie ein Gefühl für die Zeit und Ideen diese sinnvoll zu verbringen? Besaßen sie ein Erinnerungsvermögen? Fühlten sie Schmerz? Nahmen sie die Besucher wahr und posierten sie ja sogar für die Fotos die gemacht wurden? Schüttelten sie den Kopf über die manchmal merkwürdigen Einparkversuche? Keiner der Anwesenden hatte eine Antwort auf diese Fragen; und als Korn mit Brause auf den Tisch kam (meine Kinder sagen immer "Korn-Wurstwasser" dazu) entstand eine Schnapsidee ... und einstimmig wurde beschlossen diese am nächsten Tag umzusetzten.
Die Idee war folgende: Jede Lampe würde die Darsteller einer Strohszene für die Dauer des Leuchtens (ca. von 23:30 Uhr bis 2:00 Uhr morgens) zum Leben erwecken. Erlischt das Licht, ist der Zauber vorbei. Schauen wir einmal, ob es klappt!
Ein wunderschöner Sommertag begann, und die Freunde fuhren in Eddas alten VW-Bus nach Schönberg um Einkäufe zu tätigen. Dort gab es auch einen schicken Baumarkt. Viele verschiedene Solarlampen wurden dort angeboten, und die Gruppe kaufte 20 Stück. Nachdem die Lebensmittel im Kühlschrank verstaut waren, wollten alle nur noch eins: an den Strand und Pause machen. Die Solarlampen kamen mit in die Badetaschen, denn an so einem herrlichen Sonnentag brauchten sie zum Aufladen nur die Hälfte der normalen Zeit. Wundervolles Ostseebaden, ohne Feuerquallen mit Sandpeeling und einem kleinen Sonnenbrand bescherte allen einen tollen Tag.
Die Schatten wurden länger, die Solarlampen waren voll aufgeladen und der geniale Plan wollte verwirklicht werden. Keine Atempause, Geschichte wird gemacht und so stellte sich die Gruppe in einem Kreis auf, die Leuchten kamen direkt in die Mitte. Die Freunde nahmen sich alle an die Hand und tanzten gemeinsam zu einem alten Lied (Tourdion) um die Lampen herum. Direkt am Hundestrand von Heidkate leistete der Marshallverstärker (handygesteuert und akkubetrieben) wie gewohnt gute Arbeit. Die Gemeinschaft sang nicht schön, aber beherzt mit, und so gelangte Lebenszauber in die Solarlampen. Jede einzelne Strohpuppe sollte sich bewegen können ... und nun wurden wieder die Fahrräder herausgeholt, und alle Strohszenen wurden besucht.
Nun, alle Leuchten waren verteilt, gut gemacht liebe Leute! ... aber wirklich alle? Nein, natürlich nicht. Eine war eine Ausreisserin und wurde unbemerkt vor dem Leuchturm von Heidkate verloren. So konnte der Trecker in Gödersdorf (Lanz Buldog) nicht zum Leben erweckt werden. Das war sehr schade, aber so ist es geschehen. Die Dunkelheit kam über das Land, und die Solarleuchten fingen an Licht zu spenden - und tatsächlich alle Strohpuppen begannen sich zu bewegen. Die Fische und die wunderschöne Schildkröte im Aquarium leuchteten farbenprächtig im Dunkeln und suchten nach Nahrung. Die Mäuse tanzten auf dem Tisch, und das blinde Huhn suchte sein Korn. Selfi und Delfi machten Freudensprünge im Feuerwehrteich, Korni stieg aus seiner Wiege und begann die ersten Schritte zu laufen. Die Gildekinder in Schönberg lachten und hatten mächtig Spaß beim Vogelschießen, der Feuerwehrdrache Grisu (Gewinner des diesjährigen Wettbewerbs) löschte Feuer, wo keins war, in Bendfeld, und die Raupe Nimmersatt fraß alles was da war und erlebte in dieser Nacht alle Entwicklungsstufen bis zum Schmetterling ... und mittendrin statt nur dabei die Hexe, sowie die und der Fee die das Treiben sprachlos mit ansahen. Dann wurden das Licht der Lampen langsam schwächer, und jede Puppe wurde wieder an seinen alten Platz gezogen ... das Leben in ihnen schlief ein.
An diesem Vormittag machte der Leuchturmwärter von Heidkate seinen Rundgang und fand die verlorene zwanzigste Solarlampe der Märchengestalten. Er hob sie auf und nahm sie mit in den Leuchtturm. Er legte sie ab, und vergass sie dann beim Heimgehen wie ein Portemonnaie im Einkaufswagen. Unsere Freunde verschliefen den Vormittag: konnten es dann aber kaum erwarten die zweite Nacht des künstlichen Lebens mitzuerleben. Selbstverständlich hatten die jeweiligen aufmerksamen Dorfbewohner Veränderungen an ihren geliebten Figuren bemerkt. Nun, sie blieben wie gewohnt cool und hakten es als Nachtscherz von Jugendlichen ab.
Es wurde wieder Dunkel und die Leuchten spendeten Lebenslicht. Der superschöne Löwenzahn wuchs, über den dargestellten Wohnwagen von Peter Lustig, förmlich in den Himmel hinein. In Gödersdorf sprang der Trecker leider immer noch nicht an. Aber was geschah im Leuchtturm? Ja, ja dort funkelte auch das Licht, nur wurde es verstärkt und durch das Leuchtfeuer auf die Ostsee geworfen. Hier lagen tief auf dem Meeresgrund viele gesunkene Schiffe, U-Boote und Koggen aus einer anderen, längst vergangenen Zeit.
Während die Feen und der Fee mit der Eisverkäuferin und den Leuten auf der Verkehrsinselbank redeten um Anworten auf ihre Fragen zu erhalten, erhoben sich die vom Licht getroffenen Schiffe aus ihrem nassen Grab und wurden von ihm angezogen. Am Morgen konnten es die Menschen kaum glauben: Vor Heidkate waren fast zwanzig Schiffswracks gestrandet, und die herbeigerufenen Historiker, Wissenschaftler, sowie alle Schaulustigen konnten ihr Glück, dies erleben zukönnen, nicht fassen.
Natürlich hörten die Feen von dem Ereignis. Schuld konnte nur die verlorene Lampe sein, und sie machten sich auf, die Herumtreiberin zu suchen. Leider ohne Erfolg, und so begann eine neue lauwarme Sommernacht. In Heidkate fand eine Strandparty statt. Gut besucht, mit Gästen von nah und fern wurde barfuß mit Coktails in der Hand im Sand getanzt. Extra aufgestellte Verkaufsbuden sorgten dafür, dass es an nichts fehlte und es jedem gut erging.
Die Dunkelheit begann, und das Licht des Leuchturms strahlte, verstärkt durch den wunderschönen Vollmond, hell über das ruhige Meer. Die Stimmung war gut, erste Liebespärchen hatten sich gefunden, als plötzlich die zu den gestrandeten Schiffen gehörigen Seeleute, Wikinger und Piraten aus dem Wasser an den Strand kamen. Pitschnass standen sie da. Seit mehr als zwei Jahrhunderten verloren, bekamen sie eine zweite Chance. Die Menschen hielten es zuerst für einen PR-Gag, und beklatschten die unglaublich guten Kostüme und die Idee, ... doch als die Bande von bösen Buben anfing aufs Schlimmste zu randalieren, brach Panik aus.
Kein zu Fuß erreichbarer Strand blieb von den Rabauken verschont. Immer auf der Suche nach Rum, Essbarem und hübschen Mädels lief die Gruppe weiter ins Land hinein. Jeder Campingplatz wurde inspiziert und die dazugehörigen Touristen, die nicht rechtzeitig weglaufen konnten, mußten sich im wahrsten Sinne des Wortes mit den Raufbolden herumschlagen. Die Grillwürste auf dem Grill wurden verschlungen (manchmal noch in der Plastikverpackung), und Alkohol - sogar Brennspiritus - egal von welcher Preisklasse, wurde sofort vernichtet. Jedes Vorzelt wurde durchwühlt, nur Wohnwagen und die Kinder besaßen Welpenschutz. Die Seeleute aus den verschiedenen Jahrhunderten hatten einen riesigen Spaß daran, endlich wieder am Leben sein zu dürfen ... alles andere war nicht wichtig.. Die modernen Menschen konnten sich gegen die schlagkräftigen Piraten nicht wehren, und so wurde jeder Campingplatz verwüstet. Eine Windhose hätte nicht mehr Schaden anrichten können.
Doch einer der Piraten war anders. Kapitän Henry, bekannt als Berater des norwegischen Seehelden Tordenskjold hatte genug vom langweiligen Tod und suchte nach einer Erklärung für seine derzeitige Anwesenheit. Er beteiligte sich nicht an dem Treiben seiner Kollegen, sondern sah sich erst einmal genauer um und erblickte das Leuchtfeuer. Das Licht erschien ihm zu hell, und er marschierte vorbei an dem Chaos und den verlockenden Düften von Essbarem und Wein direkt zum Leuchtturm.
Während er mit seinen klatschnassen Seestiefeln durch den Sand stapfte, kam er ins Grübeln. Wo war er? Was war passiert? Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war ein lauter Knall und ein rasender Schmerz in seinem Kopf. Es war der 24. April 1715. Zusammen mit seinem Kapitän Peter Wessel und elf weiteren dänischen Schiffen zogen sie vor der Insel Fehmarn in die Schlacht gegen ein schwedisches Geschwader. Draufgängerisch, wie sein Kapitän und er waren, griffen sie ohne zu zögern das schwedische Flaggschiff "Hedvig Sophia" an. Sie fügten ihm mit nur zwei Salven schwere Schäden bei. Aber wenn sich zwanzig Kanonen mit achtzig anlegen, dann muss man auch damit rechnen, selber Prügel zu beziehen. Und so traf eine Salve des feindlichen Kriegsschiffes ihr eigenes. Schützend warf sich Henry vor seinen Kapitän und wurde dabei tödlich verletzt.
Das schwedische Geschwader, schwer angeschlagen, flüchtete. Weil der Wind ungünstig stand, gelangten sie nicht in Richtung Heimatland, sie wurden vor die Kieler Förde getrieben. Die Dänen im Nacken und das sichere Ende vor Augen beschloss der schwedische Kommandant Wachtmeester, seine Flotte in niedriges Wasser zu lenken und dort zu versenken. Hilflos mussten die Dänen diesem Schauspiel zusehen. Während sie dort lagen, am Stollergrund, bestatteten sie ihre Toten, unter ihnen auch Henry.
Und nun war er hier gelandet, in einer unbekannten Zeit, an einem unbekannten Strand. Was er nicht wusste: Er konnte sein nasses Grab von hier aus sehen, es lag nur wenige Seemeilen entfernt. Während seine Stiefel platschende Geräusche von sich gaben und er nur schwer vorwärts kam, grübelte er weiter. Sein Leben war kurz, aber sehr abenteuerlich gewesen.
Eigentlich wollte er in die Fußstapfen seines berühmten Onkels Henry Morgan treten. Der war einer der berüchtigtsten Piraten, den die Welt je gesehen hat. Aber dieses Berufsbild passte nicht mehr in die Zeit, er hatte zunehmenden Ärger mit den Häschern Ihrer Majestät. Der Boden wurde ihm zu heiss unter den Füßen, und so schlich er sich im Hafen von Edinburgh auf ein Schiff mit dem Ziel Kopenhagen. Aber vorher machte er noch einen Besuch auf der Privatyacht Ihrer Majestät, die gerade im Hafen lag. Am dortigen Bord-Tresor füllte er seine Reisekasse, so gut es nur ging. Das sei ihm seine Königin wegen ihrer Humorlosigkeit schuldig, so meinte er.
Im Hafen der dänischen Hauptstadt angekommen, brauchte er erstmal einen kräftigen Schluck Rum, und so steuerte er ohne Umwege die nächste Hafenkneipe an. Dort saß schon einer, der ebenfalls eine Menge Frust vor sich her schob und der Henry schon einige Gläschen voraus war. Peter Wessel war Kapitän der dänischen Marine. Beamte mochte er ebenso wenig wie Henry. Seinen letzten Auftrag hatte er eigentlich hervorragend erledigt, aber seine wiederholte Eigenwilligkeit war seinen furchtsamen Vorgesetzten ein Dorn im Auge. Und nun wollten ihn die Paragraphenreiter vor ein Kriegsgericht stellen.
Die beiden Haudegen verstanden sich auf Anhieb. Als sie am nächsten Morgen, oder genauer gesagt mittags, ihren satten Rausch ausgeschlafen hatten, fragte Kapitän Wessel Henry, ob er nicht bei ihm mitsegeln wollte. Der zufällig gerade arbeitslose Henry überlegte nicht lange und schlug sofort ein. Schnell machte er bei Kapitän Wessel Karriere und wurde sein erster Offizier. Und dann kam dieser verhängnisvolle Tag im April 1715 vor der Insel Fehmarn ...
Aber nun war er am Leuchtturm angekommen. Er erblickte die seltsame Lampe, folgte seinem Instinkt und steckte das gefundene Lebenslicht in seinen Beutel. Dann verschwand er still und heimlich in der Dunkelheit.
Die Verwirrung der Menschen war groß, und dann begann auch noch ein starkes Sommergewitter. Viele erahnten schon den Weltuntergang (... der nicht kam). Trotzdem oder vielleicht gerade darum wurden viele Fotos und Videos per Handy ins Internet gesetzt, und viele Klicks wurden gezählt. Um zwei Uhr morgens endete der Zauber, und alle Geister wurden wieder in das Meer hineingezogen. Der Spuk war vorbei. Wirklich alle? Nein, natürlich nicht: der schlaue Kapitän Henry war in diesem Moment bereits über alle Berge. Der Rückkehrzauber wirkte bei ihm nicht. Das Lebenslicht machte ihn zu einer Ausnahme, und sein Weg führte ihn in die weite Welt hinaus ... einer neuen, strahlenden Zukunft entgegen.
Die Verursacher dieses Spetakels hatten eine lange ermüdende Nacht hinter sich und wußten nichts von dem Piratenüberfall. Als sie dann zur Mittagszeit (Brunch mit Rührei, lecker Würstchen und Lachs) die Aufnahmen und die Sonderberichterstattung im Fernsehen sahen, wurde ihnen schlagartig klar, dass sie ganz allein für dieses Spektakel verantwortlich waren. Nichts ist schlimmer als ein schlechtes Gewissen ... und so beschlossen sie einstimmig die Lampen wieder einzusammeln. Nie wieder würden sie mit dem Leben spielen, nicht einmal zu Studienzwecken! Also wieder auf die Fahrräder. Die eingesammelten Solarlichter kamen in einen Karton (diesmal wirklich alle). Zuhause angekommen gruben sie dann den unter einer Eiche vergrabenen Schatz für Zaubernotfälle aus. Glück im Unglück, niemand war gestorben oder schwer verletzt, und das Gold würde für die Schadensregulierung reichen. Die Leuchten kamen (batterielos) am Abend auf den Dachboden, und Edda legte noch ein großes Bündel Stroh dazu.
Das konnten die anderen Feenwesen nicht verstehen, und die Kornhexe erklärte ihre neue Idee. Sie hatte aus jeder Strohfigur einen Halm herausgezogen, und wenn sie sich im nächsten Jahr wieder treffen würden (was sie hoffte) wollte sie jeder neuen Puppe ein Strohstück in den Drahtkörper stecken. So konnten sich diese an das vergangene Jahr erinnern. Edda zwinkerte allen verdutzten Freunden verschmitzt zu. Reumütig zu sein ist ja ganz schön und gut, aber die gute Kornhexe fand, dass der erste Versuch gar nicht so schlecht gelaufen war. Der Fehler mit der einen Lampe hätte nicht passieren dürfen, aber sonst war doch alles bestens. Alle hatten viel Spaß an diesem gemeinsamen Projekt, und noch waren nicht alle gestellten Fragen beantwortet.
Frei nach dem Motto "Versuch macht klug" lud Edda sie jetzt schon alle zu einem Besuch im nächsten Jahr ein. Bis dahin wäre Stroh über die Sache gewachsen, und ein zweiter Anlauf könnte gestartet werden, dann würde das benachteiligte Gödersdorf die erste Lampe erhalten. Erstaunt, dachten alle erstmal ganz kurz über den Vorschlag nach ... dann waren sich alle einig: Edda hatte recht. Man soll doch niemals nie sagen. Jippi, Freude dolle ... es ging voran und darauf einen selbstgemachten Brombeerlikör. Prost!
Ende gut, alles gut, doch wie erging es eigentlich Kapitän Henry? Tja, der hatte genug von der Seefahrt und dem rauen Meer. Er holte seine Beute aus vergangenen Tagen aus dem geheimen Versteck heraus und besuchte eine Schauspielschule. Nach einem langen, unruhigen, lieblosen Leben wollte er endlich einmal Gutes tun. In seinem Herzen hatten Kinder immer einen besonderen Platz gehabt, und so zeigte er sich auf Stadtfesten und Veranstalltungen im ganzen Land. Gern erzählte er seine Piratengeschichten, und leuchtende Kinder- und Erwachsenenaugen machten ihn glücklich. Er konnte nun endlich seine liebenswerte Seite ausleben, und das machte ihn stärker als je zuvor.
... Ende ...
... und die Moral von der Geschichte: Vertraue auf Deine innere Stimme und sei schlau. Laufe nicht betrunken oder mit gesenktem Kopf durch die Welt ... dann lebst du länger!
Die Schlacht bei Fehmarn
Im "Großen Nordischen Krieg" von 1700 bis 1721 sind die Erz-Rivalen Dänemark und Schweden mal wieder bei einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen: Sie führen Krieg gegeneinander. Eine der verheerendsten Seeschlachten in diesem Krieg beginnt vor der Insel Fehmarn und endet in der Kieler Bucht. Dort wurde 2009 das versenkte Flaggschiff der Schweden, die "Hedvig Sophia" entdeckt.
Externe Links:
Terra X - Kampf um die Ostsee
Wikipedia - Die Schlacht bei Fehmarn
Querverweis: Die Kornhexe (Überlieferung)
Bildnachweise
- Bild 1 – Selfie und Delphie mit Korni und Kornelia am Passader See
- Bild 2 – Probsteier Korntage - Brodersdorfer Kreisel
- Bild 3 – Probsteier Korntage - Das Aquarium in Fiefbergen
- Bild 4 – Der Schönberger Strand bei Nacht
- Bild 5 – "Captain Henry"
- Bild 6 – Andreas Henrik Stibolt (1739–1821) : Die gestrandete schwedische Flotte bei der Schlacht auf der Kolberger Heide (Seeschlacht bei Fehmarn, 1644). Schloss Gottorf
- Bild 7 – Der dänische Seeheld Tordenskjold ("Donnerschild") aka Peter Wessel (1690 - 1720).
- Bild 8 – Selbstgemachter Brombeerlikör, Ellen 2016
Photoserie - Probsteier Korntage
Alle Rechte vorbehalten - © Ellen Scheel 2016
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Diese Geschichte stammt aus dem Buch:
Das 13te Märchen
13 moderne und turbulente Märchen zwischen Phantasie, Legende und Wirklichkeit.
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Ein herumgeisternder Kapitän aus Friesland, ein übermütiges Sternchen auf seiner Reise durchs All, ein Zauberer, der eigentlich keiner werden wollte, eine Königin, die eigentlich keine ist, ein Schwein im Ruhestand, dessen Heimat bedroht ist, weil Meeresgott Neptun einen unkontrollierten Wutanfall hatte ... eine Menge skurriler Gestalten bewegen sich durch diese modernen Märchen.
Dabei geht es in rasantem Tempo durch alle möglichen Zeiten und Schauplätze: Wir besuchen Neptuns Reich, eine einfache Firmenkantine oder geheime Ritualplätze längst verstorbener Wesen. Oder wir befinden uns zwischen randalierenden Geistern verstorbener Seeleute auf einem Campingplatz, bei einem wilden Flugrennen feierlustiger Hexen, oder auf einer verwunschenen Burg im hohen Norden ... Oder im Second Hand Laden, gleich um die Ecke.
13 moderne Märchen, zum Schmunzeln und mit augenzwinkernder Moral.