Ostuferhafen
Der Zauberkeller
Von Ellen Scheel
(Für die Familie)
Vor langer, langer Zeit, als die Erde noch eine Scheibe war, lebte ein Zwergenvolk tief unter der Erde. Sie pflegten merkwürdige Gebräuche, waren gute Händler und hatten untereinander einen rauen Umgangston. Eines aber gab es in ihren Behausungen nicht, und das war Unordnung. Jedes noch so kleine Teil hatte seinen festen Platz und nie lag irgendwo ein Kleidungsstück herum. Bücher standen staubfrei und alphabetisch geordnet im Regal. Luftschlangen von Parties wurden wieder aufgerollt und dann mit einem Datum versehen in einer Holzkiste aufgehoben. Vielleicht konnte man ja alles noch einmal gebrauchen. So friedlich und sparsam dieses Volk auch war, es wurde nicht vom Zweiten Weltkrieg verschont. Bomben und neue moderne Bauten der Menschen verkleinerten ihre gemütliche Welt immer mehr. Kaum ein Zwerg hatte mehr als nur eine Zweiraumwohnung. Blöd, wenn sich Schlafbesuch ankündigte, oder renoviert werden musste. Die junge Zwergengeneration erwartete mehr vom Leben, und so wanderten sie in wärmere Teile Europas aus. Die noch zurückgebliebenen Alten verbitterten langsam, weil ein herzliches Kinderlachen nur zu den Feiertagen für eine gute Seele zu wenig Liebe ist.
2020
Im Stadtteil Dietrichsdorf war Umzugstag. Daniel musste aus gesundheitlichen Gründen sein Leben vollkommen verändern, und nun hatte er zähneknirschend eine Wohnung im Afrikaviertel bezogen. Sein Vormieter konnte sein Heim nicht mehr allein bewirtschaften und lebte nun in einer Seniorenresidenz. Einige Gegenstände blieben in der Wohnung zurück, vor allem im Keller. Für Daniel spielte das jedoch keine Rolle, denn er hatte nicht viel Gepäck und die paar Kisten, die er nicht oft brauchte (Werkzeug, Gartengeräte) passten immer noch in den Raum hinein. Der Frühling kam ins Land, die Tage wurden wärmer und länger. Daniel schaute aus seinem Wohnzimmerfenster im zweiten Stock und erblickte seine Nachbarin, die dabei war ihre Wäschespinne aufzustellen. Es gelang ihr nicht, die Spinne fiel immer wieder um. Typisch Frau dachte Daniel ... kennt die denn keine Holzkeile. Er hatte Mitleid mit ihr, und so ging er in sein Lager und holte das passende Werkzeug heraus um die Wäschespinne der Frau (ihr Name ist Franka) zu fixieren. Diese freute sich sehr und bedankte sich mehr als einmal für seine Hilfe.
Ein paar Tage später versuchte Franka eine Gartenbank aufzubauen. Als sie nach einer Stunde immer noch nicht viel weiter gekommen war, hatte er Erbarmen, und er ging in seinen Keller um Werkzeug zu holen. Bald saßen die beiden auf der Bank und tranken Kaffee.
Es war egal, mit welchem Problem die alleinstehende hübsche Frau zu Daniel kam, er hatte immer das passende Werkzeug, (den Rasenmäher, die Blumentöpfe, Verlängerungskabel, Zeltplanen, Schläuche, Lüsterklemmen, Computerteile oder die Gartenkralle) griffbereit in seinem Keller parat. Die Beiden erkannten viele Gemeinsamkeiten, und oft nervte die quirlige Franka den ruhigen Daniel mit ihren Ideen. Egal, was geschah, die zwei vertrugen sich immer mehr und immer wieder.
Der Juni kam ins Land, und die Kartoffeln mussten angehäufelt werden. Wie üblich suchte Daniel auf Bitten der süßen Fanka nach dem passenden Arbeitsmaterial ... dabei stieß er auf eine alte Holztruhe. Fein mit Strandmuscheln und Bernstein besetzt erstrahlte sie im Morgenlicht und neugierig wie er war, schaute er hinein. Eine Landkarte lag in ihr und bei genauer Betrachtung erkannte Daniel die Erde mit ihren fünf Kontinenten, auf denen viele Punkte eingezeichnet waren. Zwergenwelt war ihre Bezeichnung. Schon sehr komisch ... Tja, die Eigentümer hätten des Rätsels Lösung gewusst, doch die kannte er ja noch nicht ... Daniel legte die Karte wieder zurück und kümmerte sich erst einmal um die Pflege der EU-Kartoffeln.
Am Abend, es war heiß und schwül, nahm er die wundersame Karte wieder aus der Truhe heraus. Er wollte ein Foto von ihr machen und in seiner Internetgruppe fragen ob Jemand wusste, womit er es zu tun hatte. Tja, da klingelte es an seiner Haustür und als er öffnete traute er seinen Augen nicht: Da standen zwei Zwerge, und der eine sah nicht besonders gut gelaunt aus. "Hallo" sagte dieser, "das ist meine Frau Pann und mein Name ist Pott. Wir drei müssen reden".
Ruegenzwerg
Daniel verschlug es die Sprache ... das konnte doch nicht möglich sein. Träumte er etwa mit offenen Augen? "Auch wenn Pott grimmig ausschaut. Wir kommen in Frieden" sprach Pann, die den etwas verstörten Daniel beruhigen wollte. "klar, herzlich willkommen in meiner Singlebude. Nehmt Platz, ich hole uns erst einmal etwas zu Trinken". "Und vielleicht hast Du ja auch Knabberzeug, Pralinen oder zartherbe Schokolade?" fragte Pott mit einem breiten Lächeln. Zwerge sind eben immer sehr direkt. Bald saßen alle drei in Daniels gemütlicher Wohnküche und Zwerg Pott ergriff das Wort: "Junger Mann, wir haben ein Problem. Seit Jahren benutzen wir deinen Keller als Abstellraum für unsere Habseligkeiten, wenn wir unsere Höhle renovieren. Zwerge kennzeichnen diese Räume von außen mit weißen Buchstaben oder Zahlen und wenn Du dich hier einmal in der Gegend umsiehst entdeckst Du viele von ihnen. Der Mann, der hier vorher wohnte gab uns freundlicher Weise die Erlaubnis dazu. Nun wollten wir heute Abend ein paar Sachen herausholen, doch die Tür blieb verschlossen. "Wir bitten dich um die Erlaubnis zur weiteren Nutzung und um einen Schlüssel für das Schloß". "Aha" sagte Daniel. "Das habe ich nicht gewusst. Ich helfe euch sehr gerne."
Mit diesem Satz begann eine außergewöhnliche Freundschaft. Daniel machte mit den Beiden einen Rundgang durch seine Wohnung und in seinem Arbeitszimmer erblickte Pott die ausgebreitete Karte. "Hey Daniel, ist das etwa meine Reisekarte?" (jeder erwachsene Zwerg besaß mindestens eine) rief er aus. "Das könnte sein, die habe ich heute im Keller gefunden" "Ja, dann ist sie es." Zwerg Pott nahm sie in die Hand und plötzlich lächelte er. "Bubi, wenn du sie behalten darfst und ich dir zeige wie sie funktioniert, hilfst Du mir dann bei der Benutzung von meinem Handy? (Vorsicht! Ein Zwerg im Verhandlungsstatus). Es liegt schon etwas länger herum. "Ja selbstverständlich. Komm doch morgen wieder vorbei, dann machen wir einen Männerabend."
... und so trafen sich Zwerg Pott und Daniel ein zweites Mal. Die Bedienung der Karte war sehr einfach. Eingezeichnete Haltestationen ermöglichten das schnelle Reisen in alle Länder dieser Erde.
Zwerge waren sehr musikalisch, und so gab es auch die Möglichkeit eine Zeitreise zu längst vergangenen Veranstaltungen anzutreten. Daniel war begeistert und wollte gleich Woodstock besuchen, nur leider wirkte der Zauber nur in Vollmondnächten und die nächste war erst in zwei Tagen. Blöd. Zwerg Pott hatte sein Handy dabei und als Daniel das sah, musste er wirklich schmunzeln ... es war total veraltet und nicht mehr zu gebrauchen. "Ich richte Dir ein neues ein" versprach Daniel.
9. - 10.Juni 2017
Ein Erdbeermond leuchtete rosarot am Himmel, genau die richtige Zeit für eine Reise in die Vergangenheit. Daniel wollte gerade die Karte ausprobieren, da schellte die Türglocke und Franka stand dort mit einer kleinen Erdbeertorte. "Alles, alles Gute zum Geburtstag" sagte sie und schon wurde der etwas verwirrte Daniel gedrückt. Ach ja. Er war wieder einmal ein Jahr älter, das hatte er total vergessen. Nun, das Frankamädchen war eben eine gute Freundin und sie so nah zu spüren hatte schon einen gewissen Reiz. "Hey Süße, hast Du vielleicht Lust mit mir eine kleine Reise zu machen, ich bin auf dem Weg nach Woodstock?". "Klar, komm ich mit. Das wollte ich immer schon mal erleben. Wo steht denn der Prosecco?" Daniel lächelte, er bat Franka die Karte zu halten und dann tippte er mit dem Finger auf den Ort und das Jahr.
Prora
Ein lautes Hupen erklang und die Reise ging los. Was Daniel nicht wusste, in einer Erdbeervollmondnacht gab es automatisch nur ein Ziel: und das war Prora auf der Insel Rügen. Es lag direkt am weißen Ostseestrand (in der Nähe von Binz). Entworfen vom Architekten Clemens Klotz sollte es einst das größte Seebad der Welt werden. 20.000 Menschen hätten zur Nazizeit dort Kraft durch Freude erhalten, doch der Zweite Weltkrieg kam dazwischen. Die an eine Trabantenstadt erinnernde Anlage wurde nie fertiggestellt, und niemand der einmal die über fast fünf Kilometer reichenden Betonbauten gesehen hat, bleibt davon unbeeindruckt.
Wieder ertönte ein Hupen, und die total überrumpelte Franka und der staunende Daniel wussten nur eins: Sie waren nicht in Woodstock. Die beiden standen auf dem Hinterhof der alten Anlage von Prora, und genau hier trafen sich die Zwerge und Fabelwesen mit ihren Gästen zum alljährlichen Sommerfest. Einmal im Jahr und nicht zu Weihnachten hatten sich alle lieb. Das war Tradition. In den Feuerkörben brannte das Holz, Musiker spielten zum Tanz auf, Erdbeerwein und Grillfleisch gab es mehr als genug. Zwerg Pott winkte und rief "Hallo Daniel und Partnerin, herzlich willkommen"
Zwergenreich
Das war zu viel für Franka, und sie ging wortlos direkt zur Zwergenbar. Zehn Minuten später hatten Pann, Daniel und Pott ihr alles erklärt, und sie fing an den außergewöhnlichen Abend zu genießen. Beide hatten viel Spaß und wurden nicht müde alle Fabelwesen zu bestaunen. Am besten gefielen ihr die Rügener Kreidemännchen, die zusammen mit den Kreideelfen eine eigene Tanzfläche hatten. (sie waren nicht größer als ein Stiefmütterchen). Die Glöckchenmützen klingelten so zauberhaft, das Franka die Tränen aus den Augen schossen. Sie wusste, wenn ein Mensch einen weißen Kreidemann in einer Vollmondnacht trifft, hat er Glück und erlebt das ganze Jahr ohne Sorgen und hier gab es viele weiße Kreidemännchen! Super, oder?
Kurz bevor der Mond untergehen wollte und die Karte sie nach Hause bringen sollte, spielte die Band Franka's Lieblingslied und Daniel wurde von ihr auf die Tanzfläche gezogen. Es kam ein gutes Lied nach dem anderen doch dann wurde Daniel von einer verschleierten Frau (überall mit wertvollen Edelsteinen geschmückt) angetanzt. Sie umgarnte ihn mit ihren Armen und das gefiel Franka absolut nicht.
Sie klopfte der Dame auf die Schulter und sagte nur:"Hände weg von meinem Freund, sonst gibt es Ärger!"
Und die Frau antwortete: "Was fällt Dir ein, ich bin Deine Göttin Hertha!"
"Ach so, ich wusste gar nicht, dass ich eine Göttin habe. Jesus ist mein Vorbild und er war nicht verheiratet. Du bist nicht meine Göttin, also Finger weg von meinem Daniel. Und was ist denn das eigentlich für ein komisch kleiner Bodyguard, der um dich herumschleicht? Konntest Dir wohl keinen größeren leisten, oder was?"
"Das ist mein Oberpriester Gor, dein Gott kann sich wohl nicht einmal einen kleinen Beschützer leisten, oder?"
Daniel ging dazwischen und sagte nur:"Aber nicht doch, meine Damen. Komm Franka, genug gequatscht, wir müssen gehen ... und kurz darauf erklang das Hupen aus der Karte. Blitzschnell, und im letzten Augenblick sprang Hertha auf den Rücken von Daniel und reiste so mit in den schönen Kieler Stadtteil Dietrichsdorf.
Daniel und Hertha landeten hart auf dem Küchenboden und Franka konnte es nicht fassen. Wie aufdringlich kann eine Göttin doch sein ... aber nachdem bei dem Sturz, auch der Schleier den sie trug, gefallen war, stand fest: Huch, Hertha war ein junger Mann mit Pockennarben, schlechten Zähnen und einer sehr großen Nase im Gesicht. Unglaublich aber wahr. Die Erzählung seiner Geschichte würde sie sich um keinen Preis der Welt entgehen lassen.
Herthaburg
Daniel blieb wie gewöhnlich cool und kochte erst einmal eine große Kanne Kaffee. Die Geburtstagstorte wurde angeschnitten und Göttin Hertha begann zu erzählen:"Mein Name ist Ranin. Ich bin mehrere Jahrhunderte alt. Mein zu Hause ist die Herthaburg, dort wohne ich zusammen mit meinem Folterknecht Gor und einigen Anhängern. Mein eigenes Leben endete als Gor mich halbverhungert und krank auf der Straße fand, und ich zum Platzhalter für seine von ihm ermordete Mutter wurde.
Ups, Franka und Daniel verschlug es die Sprache ... "Vor langer Zeit lebte die echte Göttin Hertha in Jasmund, dort befand sich ihre hohe Holzstatur, die Burg und der gleichnamige See. Einmal im Jahr fuhr die Göttin in Begleitung ihres Priesters nachts zum Baden ... dachten die Leute. In Wirklichkeit gebar sie im See ihre Kinder, die dort noch heute als Seezwerge leben. Als Geschenke brachte Hertha Menschenopfer mit. Diese Delikatesse ließen sich die Kinder nicht entgehen. Sie freuten sich so sehr über den Besuch, dass sie alle Schätze, die sie auf dem Meeresgrund fanden an ihre Mutter abgaben. Göttin Hertha war eine wunderschöne Frau, doch als sich die Zeiten änderten und ihre heidnische Anhängerschar immer kleiner wurde, verflog auch ihre Macht und sie wurde schwach.
Ruegen - Kreidefelsen
Dies bemerkte Priester Gor (ihr erstgeborener Sohn), und er tötete seine Mutter aus Habgier. Nun. Hertha war sehr reich, aber das war ihm nicht genug. Er fand mich im strömenden Regen auf der Straße, gab mir Lebenswasser, und so wurde ich, froh ein zu Hause gefunden zu haben, sein willenloser stets verschleierter Sklave. Jedes Jahr fuhren wir Nachts zum See, opferten Menschen und nahmen das Gold und die Edelsteine der Zwerge an uns. Jedes Jahr ... aber nun ist damit Schluss! Ich möchte auch endlich einmal leben, ich habe eigene Wünsche und Gedanken. Als ich euch heute Nacht beobachtet habe, musste ich einfach einen Fluchtversuch wagen. Ich will den goldenen Käfig verlassen." "Genau, richtig so" rief Franka aus (eine Flasche Prosecco intus). "Auf Dauer hilft nur Power".
Daniel hingegen saß nur da und starrte vor sich hin. Er war sehr, sehr müde und musste ins Bett. Selbstverständlich durfte Ranin auf dem Sofa schlafen. Franka verabschiedete sich kurze Zeit später und sagte nur: "Das war die tollste Geburtstagsfeier, die ich je erlebt habe, und ich habe schon einige erlebt. Und ich freue mich schon auf das Frühstück. Ich bringe Brötchen mit. Gute Nacht" dann küsste sie ihn etwas länger auf den Mund.
Der neue Tag war ein Samstag, und als alle Drei gegessen hatten schwieg Daniel immer noch. Franka hatte die Idee erst einmal mit Ranin shoppen zu gehen. Er konnte ja wohl schlecht in Frauenklamotten durch das moderne Kiel gehen. Daniel machte ihr Sorgen. Er war der Typ Mann der wenn er schweigt gefährlich wird, und ganz ehrlich, sie hatte recht.
Wenn Daniel eines nicht mochte, dann war es die Versklavung von Menschen, und was Ranin so erzählte, das machte ihn nur wütend, und wenn er wütend war konnte er nicht richtig denken. Er brauchte unbedingt seinen Verstand. Gor würde versuchen sein Spielzeug wieder zu bekommen und das musste unbedingt verhindert werden. Ein guter Plan musste her und zwar schnell.
Franka fuhr unterdessen mit Ranin in die Stadt. Er bekam eine super Grundausstattung für junge Männer mit Stil und einen neuen Haarschnitt (ihr Lieblingsfriseur Dennis war erstaunt, stellte aber erst einmal keine Fragen). Sie freute sich über die strahlenden Augen des jungen Mannes (Er war geschätzte 28 Jahre alt). Sein Leiden sollte nun ein Ende haben, und bei einem Eiskaffee fragte sie ihn wie er sich seine Zukunft vorstellte. "Tja, das ist nicht so einfach. Ich möchte alle Länder dieser Erde kennen lernen. Ich hätte so gern Freunde und eine Freundin ... aber sieh mich an ... ich bin hässlich, vernarbt und ich habe nicht einmal einen Personalausweis." Franka lächelte ihn an."Mach dir keine Sorgen, du kannst erst einmal bei mir wohnen. Ich mag das Alleinsein nicht. Von mir und meinem Freundinnen kannst Du alle nötigen Regeln des modernen Lebens lernen.
Klatschmohn
Der Abend brach an, Daniel hatte alle Fenster ( ... auch die im Treppenhaus) geputzt, Staub gesaugt, Spinnweben von den Wänden entfernt und Hawaii Toast vorbereitet. Er freute sich auf den Abend zu dritt ... als die Türglocke schellte. Pott und Pann wollten nach ihm sehen. Natürlich hatte das überraschende Verschwinden der Göttin Hertha viel Aufmerksamkeit erregt, und Gor soll wohl ziemlich getobt haben. Egal, wer ist schon Gor. "Ja, und wo ist die geraubte Göttin denn nun?" fragte Pann. Daniel zuckte mit den Schultern und plötzlich erklang ein lautes Lachen im Flur. Franka und Ranin kamen nach Hause. Daniel sagte nur: "Kommt bitte alle herein. Wir wollen hier keinen Tratsch im Treppenhaus.
Das Essen kam auf den Tisch und Daniel begann zu sprechen:
"Nun, liebe Freunde, ich habe den ganzen Tag über Ranin nachgedacht. Ich möchte nicht das er wieder zurück geht. Franka nimmt ihn bei sich auf, das ist schon einmal die halbe Miete. Gor macht mir große Sorgen. Er wird bald herausfinden wohin seine Göttin geflohen ist, und dann kommt er uns garantiert besuchen. Wir brauchen einen Plan um uns zu verteidigen. "Na ja, die Wohnung können wir mit einem Schutzzauber sichern, das machen wir mit unseren Höhlen auch ... nur wenn Gor euch draußen angreift würde ich ihn mit einem Hühnergott bewerfen ... natürlich nur einen vom Cap Arkona. Das sind die Besten" meinte Pott "Genau, gute Idee, und den taucht ihr vorher noch in Sanddornöl. Doppelt hält besser" warf Pann ein. "Das heißt also, gleich morgen früh fahren wir alle nach Rügen und besorgen die nötigen Gegenstände. Ach Pott, du hast immer die besten Ideen." "Genau, und darum legt der Daniel zum Handy auch noch einen I-Pod dazu". Daniel war erleichtert, er vertraute den Zwergen.
Gesagt, getan und nach einem sehr schönen, lustigen Sonntag, auf Rügen, war Daniels Welt wieder in Ordnung. Sie hatten alles was gebraucht wurde bekommen, und Franka breitete die gesammelten Steine auf dem Tisch aus, betupfte sie mit Öl und zog ein Lederband durch sie hindurch. Perfekt als Kette für den Hals oder Arm, war es leicht diesen Schutz immer bei sich zu haben, und alle waren ruhig und zufrieden.
Ranin entwickelte sich erstaunlich schnell zu einem glücklichen jungen Mann. Franka war eine gute Lehrerin, und sie half ihm wo sie nur konnte. Sie war bei Daniel eingezogen, und das gefiel allen dreien gut. Zwei Wochen waren seit ihrem ersten Treffen vergangen, von Gor keine Spur. Jedoch hatte er sie bereits gefunden. Niemand nahm ihm ungestraft etwas weg. Er lauerte ihnen (als sie im Garten grillen wollten) versteckt in den Kartoffeln auf, denn dieses Pack konnte er mit alter Magie alleine bestrafen. Als Gor die Gruppe sah, erhob er sich und trat ein paar Schritte vor. Ranin erstarrte bei seinem Anblick vor Angst, Daniel hatte Kopfkino und war nicht handlungsfähig.
Der Kampf war, bevor er richtig begann, eigentlich schon verloren. Da trat Gor unachtsam in eine von Daniels Bierschneckenfallen und begann sein Gleichgewicht zu verlieren. Franka warf geistesgegenwärtig sofort ihren Hühnergott nach ihm und traf. Rauchen, zischen und mit einem lauten Knall wurde Gor zu einer lebensgroßen Sandsteinfigur. Alles ging wahnsinnig schnell, und Franka sagte nur: "Schafft mir diese Statur aus den Augen, ich will diese Fratze nie mehr wiedersehen!" Und das taten ihre Jungs sofort. Gor steht jetzt auf einem Rasenstück im Afrikaviertel gleich unter den Antilopen. Seine Herrschaft ist vorbei.
Ranin besuchte am nächsten Tag ein letztes Mal verschleiert als Göttin die Herthaburg. Er gab den Sklaven die Freiheit und zahlte ihnen Tribut. Den angesammelten Schatz teilte er in drei Teile. Ein Teil für die Seezwerge, einer für eine Wohltätigkeitsorganisation, die sich um Straßenkinder kümmert, und einer zur freien Verfügung für sich selbst ... und so leben alle glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.
- Ende -
Und die Moral von der Geschichte:
Das Leben ist nie unveränderlich starr.
Es gibt immer wieder Richtungsänderungen zum Guten,
wenn man bereit ist dafür zu arbeiten und es wirklich will.
Photos
Blick vom Dietrichsdorf-Neumühlener Ostuferhafen auf die Kieler Innenförde
Ein Kreidezwerg von Rügen
Prora auf Rügen, vor / während der umfangreichen Umbaumaßnahmen
Eingang ins Zwergenreich
Eine Skizze der Herthaburg bei Jasmund auf Rügen, um 1872
Die Kreidefelsen auf Rügen
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