(hk) Wer im Brettspiel "Monopoly" Eigentümer der Schloßallee ist, der ist fein raus. Das Gelände wird mit Hotels und Häusern zugepflastert, und mit etwas Glück verdient man sich dumm und dämlich. Auch im wirklichen Leben macht so eine Schloßstraße was her. Eine Schloßstraße in der Gemeinde, das klingt nach Protz und vornehm. In Kiel ist das anders. Dort packt einen in der eher kurzen Schloßstraße zwischen Alter Markt und Schloß das pure Entsetzen.
Ganze sieben Läden stehen nebeneinander oder genau gegenüber leer. Und das nicht erst seit gestern, die gähnenden Löcher mit geschlossenen Läden sind schon zur Gewohnheitssache geworden. Die Politik der Stadt ist dabei paradox: Am Stadtrand wurde vor vielen Jahren ein gut durchdachter Grüngürtel um die Stadt herum angelegt. Der Sinn dieses Grüngürtels erschliesst sich dem geringen Denkvermögen heutiger Politiker offenbar nicht. Die Grünbereiche werden immer mehr zerlöchert und mit gesichtslosen, großen Klötzen von Konzernen zugepflastert. In der Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung, den es nicht geben wird.
Die Natur wird Stück für Stück zerstört, die Lunge der Stadt stirbt. Wenn eine Lunge stirbt, stirbt irgendwann auch das Herz. Eigentlich ist dieses Herz schon so gut wie tot, eine lokale Kaufmannschaft gibt es in der Innenstadt so gut wie gar nicht mehr. Dafür macht sich dort ein Filialist neben dem nächsten Billig-Laden breit. Und dazwischen immer wieder: Leerstand, Leerstand, Leerstand.
Ein Kunstwerk des Leerstandes. An der Hummelwiese
Auf der anderen Seite sind da die Kaufleute selber. Diese haben die Zeichen der Zeit verschlafen und sich von den Großen überrennen lassen. Die "kleinen" sind vielfach in einer Art Wirtschaftswunder-Sättigung der 1970er stehengeblieben. In den Konzernen sitzen gut geschulte Profiis, die die Entwicklung der Technik gnadenlos zu nutzen wissen. Man kann versuchen, den kleinen zu erklären, was vor sich geht. In vielen Fällen gucken sie dann einfach nur verständnislos aus der Wäsche - und schlafen weiter. Politische Unfähigkeit, kaufmännnische Ignoranz und ein eingeschränktes Denkvermögen, das gerade eben bis zur eigenen Schaufensterscheibe reicht - ein gefährliches Gemenge, das zwangsläufig zum Herzinfarkt führen muss.
Auch hier steht schon schon seit gut 12 Jahren eine Sahnefläche mitten in der Innenstadt leer. In der "Gaardener Sahara" hatte man hochtrabende Pläne, so gut wie nichts davon ist umgesetzt worden. Aufmerksamkeit hat nur der "Schmidt-Bau" erregt, jahrelang eine Peinlichkeit der besonderen Art.
Im Zerstören hat man in Kiel eine eigenartige Meisterschaft entwickelt. Wenn nur ein Bruchteil dieser Energie in konstruktives, praktikables Handeln umgesetzt würde, in Kiel würde es anders aussehen.
Kommentare powered by CComment