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Eine bombige Arbeit: Der Kampfmittelräumdienst

Blindgaenger Moorteichwiese

Zur Entschärfung einer Fliegerbombe auf der Kieler Moorteichwiese
(hk) Sachlich, unspektakulär, routiniert. So kann man den Ablauf der Bombenentschärfung beschreiben, die am 31. Juli auf der Kieler Moorteichwiese stattfand. Die einzigen, die den Ablauf stören mussten, waren ein paar nervös-aufdringliche Hühner der Sensationspresse. Sie mussten unbedingt noch vor der Entschärfung auf die bereits abgesperrte Moorteichwiese, um dort eine leere Wiese zu filmen. Das sorgte bei der Polizei für etwas Verwirrung. Trotzdem konnte die Entschärfung pünktlich um 18 Uhr beginnen, genau eine Stunde später war alles vorbei. Sache gelaufen, eine Bombe weniger. Aber unzählige weitere warten noch. Und niemand kann genau sagen, wie viele es noch sind. Es gibt nicht einmal eine Schätzung darüber, welcher Prozentsatz der abgeworfenen Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg noch ein gefährliches Dasein als Blindgänger fristet.

Kampfmittelraeumdienst So sieht sie aus. Verdreckt, zerdetscht und mit etwa einem Meter Länge relativ unscheinbar. Aber immer noch gefährlich. Im Zweifelsfall reisst diese amerikanische Spreng- / Splitterallzweckbombe im Umkreis von über 100 Metern alles in Stücke. Links stehend die beiden Entschärfer: Heinz Kollath (Mitte) und Georg Ocklenburg (hinten). Zum kompletten Team gehören noch Karlheinz Werbitzky (vorne links), Norbert Gäthje (rechts) und Timo Thede (er bedient gerade den Kran, ist aber auf dem oberen Bild ganz rechts zu sehen).


Amerikanische Fliegerbombe Aus der Nähe. Eine amerikanische Spreng- / Splitterbombe mit etwa 500 Kilo Gewicht, Inhalt ca. 250 kg TNT (Trinitrotoluol). Die Bombe hatte zwei Zünder, die Entschärfung hat eine Stunde gedauert. Der Zündmechanismus war funktionsfähig erhalten, die Bombe hätte also auch noch detonieren können. Beim Aufprall wurde ein Stück der Bombe abgerissen, über den Verbleib können die Entschärfer nichts sagen. "Kommt vor." In der linken, unteren Ecke ist der "nackte" Sprengstoff zu sehen. Die Zündvorrichtung befindet sich am anderen Ende. Die Bombe kommt zur Zwischenlagerung nach Groß Nordsee und wird dann in verschiedenen Firmen in Niedersachsen komplett zerlegt.

General Purpose Bomb Die Zeichnung rechts zeigt eine ähnliche Bombe wie die aufgefundene, nur halb so groß. Auf freier Fläche hat diese AN-M64 einen Wirkungskreis von mindestens 80 Metern bis zu drei Kilometern. Die Bomben enthalten TNT, Amatol oder ein spezielles Gemisch. Diese Waffe ist eine "General Purpose Bomb". Das heisst, sie wurde und wird für verschiedene Zwecke eingesetzt. Dazu gehören Flächenbombardements ebenso wie der Angriff auf einzelne Ziele, also Fabriken, Bahnhöfe, Brücken oder militärische Objekte. In abgewandelter Form gehört diese Bombe auch heute noch zum tödlichen Arsenal der US Air Force. Auch die Menschen in Korea und Vietnam haben unter ihrer verheerenden Wirkung leiden müssen.

Aerial reconnaissance Die Arbeit der Männer vom Kampfmittelräumdienst ist vor allem anderen mühevolle Puzzelei. Die Basis für das Auffinden von alten Blindgängern bilden solche Photos wie auf dem Bild links dargestellt. Diese Photos werden aus verschiedenen Archiven der Alliierten angekauft. Ursprünglich stammen sie aus den Akten der "Air Reconnaissance", der alliierten Luftaufklärung, die vor und nach ihren Angriffen die entsprechenden Ziele möglichst genau photographiert hat. Das Photo zeigt den Kieler Hafen im Juli 1940, also einen Monat nach Beginn der Angriffe auf die Stadt. Die Heftigkeit der Angriffe nahm im Laufe der Jahre erheblich zu. Vor allem, als die Alliierten entdeckten, dass auf den Kieler Werften neue U-Bootstypen im Rekordtempo zusammengebaut wurden, begann geradezu ein Armageddon aus der Luft. Kiel ist insgesamt 90mal angegriffen worden.

Der erste Schritt der Arbeit ist dann, die alten Karten mit den heutigen Verhältnissen abzugleichen. Vieles hat sich in den Jahren verändert. Neue Gebäude sind entstanden, Straßenführungen haben sich geändert, und auch die Vegetation ist vielfach eine andere. Nun beginnt die eigentliche, mühselige Arbeit, die von zwei Spezialisten mit geschultem Blick ausgeführt wird. Meter für Meter werden die Photos nach Bombentrichtern oder anderen Auffälligkeiten abgesucht und mit aktuellen Karten abgeglichen. Dass dabei auch mal ein altes Benzinfass unter Verdacht gerät, eine Bombe zu sein, kommt vor. Die Möglichkeiten, diese alten Photos auszuwerten, sind indes im Laufe der Jahre deutlich besser geworden. Lag man in früheren Jahren oft noch um mehrere Meter daneben, so lässt sich heute eine Fundstelle auf etwa einen halben Meter genau lokalisieren. Der ganz genaue Lagepunkt der Bombe wird dann vor Ort mit einer Sonde bestimmt.

Fundstelle der Bombe Wurde die Bombe freigelegt, beginnt der nicht ganz ungefährliche Teil der Arbeit. Die Männer vom "KRD" wissen nie genau, was da auf sie zukommt. Und so bestimmen Vorsicht, sachliche Ruhe und absolute Konzentration das Vorgehen. Wie ist der Gesamtzustand der Bombe? Ist die Zündvorrichtung noch funktionsfähig? Im Falle der Bombe auf der Moorteichwiese war sie es. Erschwerend kam dazu, dass einer der beiden Zünder leicht verbogen war. Ist die Zündvorrichtung erstmal aus der Bombe herausgeschraubt, verliert sie den größten Teil ihrer Gefährlichkeit, die beteiligten Entschärfer können aufatmen.
Bild: Die Fundstelle der Bombe in 2,5 Metern Tiefe.

Kampfmittelraeumdienst Seit Jahrzehnten schon hat der Kampfmittelräumdienst seinen Sitz in Groß Nordsee im Landkreis Rendsburg-Eckernförde. Dort werden die Bomben zwischengelagert und dann in Fabriken nach Niedersachsen zur endgültigen Vernichtung transportiert. Die Entsorgung einer solchen Bombe kostet etwa 15.000 Euro. Die Kosten für den gesamten Einsatz auf der Moorteichwiese werden auf etwa 4.000 - 5.000 Euro beziffert. Der Räumdienst finanziert sich weitgehend selber. Der Löwenanteil der Arbeit besteht nicht aus der Entschärfung von Bomben auf öffentlichen Geländen. Die Kassen der Kommunen sind leer, und so muss man auf die eher seltenen Aufträge warten. Die Einnahmen stammen überwiegend aus Baugrunduntersuchungen privater Auftraggeber und Baufirmen. So bleibt am Jahresende oft noch Geld über, das wieder dafür verwendet wird, eine Bombe aus dem Lager zur endgültigen Entsorgung zu bringen. Der Kampfmittelräumdienst ist dem Landeskriminalamt unterstellt, handelt aber weitgehend selbständig.

Zerbombte Nikolaikirche Die Arbeit wird den Männern aus Groß Nordsee in absehbarer Zeit nicht ausgehen. Kein Mensch weiss, wie viele Bomben sich alleine noch in Kiel, Lübeck oder den Randgebieten von Hamburg irgendwo im Boden verborgen halten. Sie liegen überall. Vor allem in der Nähe der alten Rüstungsindustrie, aber auch in Wohngebieten oder wie im Fall Moorteichwiese, auf freiem Feld, am Rande einer Rasenfläche. Zu den Bomben an Land kommt die absichtlich zum Ende des Zweiten Weltkrieges versenkte Munition in Nord- und Ostsee. Die Menge dieser alten Kampfstoffe musste in den letzten Jahren durch neue Untersuchungen erheblich nach oben korrigiert werden, die Bergung gestaltet sich mehr als schwierig. "Da kommen Milliarden an Kosten auf uns zu. Aber durch Abwarten wird es nicht besser.", so Herr Ocklenburg, stellvertretender Chef des Kampfmittelräumdienstes Schleswig-Holstein.
Photo: Die Kieler Nikolaikirche nach ihrer Zerstörung im Dezember 1943.

Ergänzungen
Weitere Photos von der Räumung: Ostufer-Galerie - Der Krieg im Norden
Text- und Quellensammlung: Munition in Nord- und Ostsee

Landeskriminalamt / Kampfmittelräumdienst Schleswig-Holstein
Mühlenweg 166, 24116 Kiel, Tel. 04340 - 4049-49, Fax 04340 - 4049-58

Geschrieben von hk
Kategorie: Bildberichte
Veröffentlicht: 01. August 2013
Zugriffe: 8248
Schlagwörter:
  • Bombe
  • Weltkrieg
  • Sprengstoff
  • Luftwaffe
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