(Ozean der Zukunft) Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima wird dort nun radioaktives Wasser ins Meer geleitet. Im Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft" nimmt das Team um Thomas Slawig diese bedrohliche Entwicklung sehr ernst und hat zum Strömungsverhalten radioaktiven Meerwassers Modellrechnungen durchgeführt sowie Computersimulationen entwickelt. Die Arbeiten entstanden am Institut für Informatik der CAU Kiel in Zusammenarbeit mit dem IFM-GEOMAR, die gemittelten Strömungsdaten stammen von der Columbia University.
Was passiert mit diesem Wasser und der Radioaktivität im Ozean im Laufe der Zeit? Es ist ein Wettlauf zweier Effekte, nämlich des radioaktiven Zerfalls der Stoffe und ihres Transportes durch die Meeresströmung. Wie verteilt sich ein radioaktiver Stoff im Ozean, wo und wann kommt etwas davon an den Küsten anderer Kontinente an, oder ist die Radioaktivität dann schon deutlich abgeklungen? Dies sind Fragen, die viele Menschen zurzeit beschäftigen.
Mit Hilfe von Modellrechnungen kann man zumindest versuchen, eine Antwort zu geben. Prognosen für die Zukunft sind dabei mit einigen Unsicherheiten behaftet: So ist zum einen nicht klar, wie hoch die Konzentration der radioaktiven Substanzen im eingeleiteten Wasser wirklich ist. Es lässt sich auch nicht mit Sicherheit sagen, welche strahlenden Stoffe enthalten sind. Das Verhalten der verschiedenen, bei einem Reaktorunfall entstehenden Substanzen im Wasser ist unterschiedlich.
Man kann allerdings Computersimulationen mit verschiedenen Szenarien durchführen. Für solche Rechnungen ist wichtig, dass sich radioaktive Substanzen durch die Geschwindigkeit unterscheiden, mit der sie zerfallen. Diese wird als Zerfallsrate oder über die Halbwertszeit des Stoffes angegeben. Je höher die Zerfallsrate, desto geringer die Halbwertszeit, und desto schneller ist der Ausgangsstoff verschwunden - eventuell aber nur in andere, wiederum radioaktive oder giftige Stoffe zerfallen. So hat zum Beispiel Jod 131 eine Halbwertzeit von nur ca. 8 Tagen, Cäsium 137 dagegen eine von ca. 30 Jahren.
Bei einer Prognose der Verteilung der radioaktiven Stoffe durch die Ozeanströmung ist zu beachten, dass man die zukünftige Ozeanströmung nicht vollkommen exakt und in allen Details vorhersagen kann, da sie auch z.B. vom Wind in der Atmosphäre beeinflusst wird. Es ist auch bekannt, dass Wettervorhersagen nur für einen kurzen Zeitraum mit einer gewissen Genauigkeit möglich sind. Daher kann man diese Einflüsse für größere Zeiträume nicht exakt einbeziehen. Die in größeren räumlichen und zeitlichen Skalen ablaufenden Ozeanströmungen kann man dagegen aus Modellen bestimmen und daraus gewissermaßen eine gemittelte Strömung berechnen.
Hier wird im Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft" die von Khatiwala, Visbeck und Cane (Ocean Modelling 2005) entwickelte Transport-Matrix-Methode (TMM) verwendet, die diese gemittelten Strömungen effizient für Berechnungen und Prognosen zur Verfügung stellt. Damit kann man zwar nicht alle Details, besonders zu Beginn der Einleitung auflösen, dafür sind aber auch Berechnungen über längere Zeiträume in relativ kurzer Zeit möglich. Diese Methode wird von den Kieler Wissenschaftlern benutzt, um die biogeochemischen Prozesse wie Photosynthese und allgemein die Entwicklung der marinen Ökosysteme im Ozean besser zu verstehen. Um solche Modelle optimal an reale Messdaten anzupassen, wird auch hier mit einer gemittelten Ozeanströmung gerechnet. Damit kann man simulieren, wie sich ein im Wasser befindlicher Spurenstoff durch diese gemittelte Strömung verteilen wird. Bei radioaktiven Stoffen spielt dabei das Verhältnis von Strömungsgeschwindigkeit und Halbwertszeit eine entscheidende Rolle.
Die auf der TMM basierenden Simulationsprogramme wurden so flexibel gestaltet, dass sie mit einer Vielzahl von Ökosystemmodellen und eben auch mit Modellen des radioaktiven Zerfalls kombiniert werden können. Erweiterungen dieser Modelle sind auf Grund der hohen Flexibilität einfach möglich.
Der Film, der auf dieser Seite zu sehen ist, ist mit diesem Simulationsprogramm erzeugt worden. Man erkennt, wie sich ein Cäsium 137-Eintrag, hier idealisiert von Mitte März 2011 an für drei Monate an der Unfallstelle, in der Simulation über die Jahre 2011-20 im Pazifik verteilt. Gezeigt ist hier die oberste Wasserschicht. In unteren Schichten ist die Verteilung ähnlich. Cäsium 137 hat eine Halbwertszeit von ca. 30 Jahren, für Jod, Halbwertszeit ca. 8 Tage, ist hier bereits nach kurzer Zeit nichts mehr zu sehen. Man erkennt somit, dass die kurze Halbwertszeit von Jod bewirkt, dass diese radioaktive Substanz fast vollständig zerfallen ist, bevor sie sich weit fortbewegt. Im Gegensatz dazu sieht man bei Cäsium, dass es hier einerseits Jahre dauert, bis dieser Stoff z.B. die nordamerikanische Küste erreicht. Andererseits ist er aber dann immer noch nicht vollständig zerfallen oder durch die Ozeanströmung verteilt.
Hier ging es zum Film, nach dem Umbau der Ozean-Seite funktioniert der Link leider nicht mehr, es geht "nur noch" auf die neue Hauptseite: www.futureocean.org
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